BC brennt

Hallo ihr Lieben,

seit ca. einem Monat bin ich nun zurück im wunderschönen BC. Anne und mir geht es sehr gut, Jeannie auch. Die beiden sind glücklich, dass ich hier bin, und mir geht's genauso. Ich habe unheimlich viele Menschen in der Kirche wieder getroffen, von denen sich manche (recht unerwartet) total gefreut haben, mich wieder zu sehen. Dabei ist ein Opi einer Großfamilie, der einfach süß ist. Wir unterhalten uns nach der Messe bei Kaffee und Kuchen jetzt immer ein Weilchen. Er stellt interessante Fragen und hatte ein spannendes Leben. Letztens hat er z.B. gefragt, was man beim Zugfahren denn so macht - er ist noch nie Zug gefahren :D
Ein schönes Gefühl nach so einem Gespräch :)

Die ersten Tage waren super schön und sind verflogen. Das war diese Woche, in der ihr an die 40 Grad hattet. Hier ist das mit der Hitze etwas entspannter. Zum einen kühlt es nachts fast immer auf um die 10-12 Grad ab, zum anderen wird es morgens langsamer heiß. Was auch hilfreich ist, ist dass die Kanadier Hitze im Haus absolut schrecklich finden, und dadurch jeder Innenraum auch auf Eiseskälte heruntergekühlt wird. Das komplette Gegenteil zu den überheizten Räumen im Winter, eher unangenehm. Das führt dann teilweise dazu, dass Anne vor dem Ventilator über die Hitze stöhnt, während ich mit Socken und Jacke am Tisch sitze und meine Uni-Berichte schreibe :-D
Es waren einige sehr sonnige Tage mit um die 30 Grad dabei. Also schon Hochsommer.
Wir waren beim Music at the Park Konzert, bei einer AirShow, haben gegrillt (nicht vergleichbar mit zuhause. Burger und Hotdogs, was man hier immer grillt :D) und abends die laue Luft auf der Veranda genossen. Manche von uns zerstochen von Moskitos, trotz Decke... aber die sind jetzt bei weitem nicht so schlimm wie im Juni! Dann waren wir Saskatoon Beeren pflücken - meeeega lecker :) daraus haben wir Pie gebacken.





Dieses Häuschen (cabin) liegt am fraser lake. Die Aussicht auf den See ist traumhaft und man ist komplett ungestört in der Natur. Wunderschön! Es hat mal Anne und ihrer Familie gehört :)







Was die ganze Sache nun etwas trübt, ist mother nature. 
Seit 3 Wochen brennt es in BC. Die Wälder um uns herum stehen in Flammen. Wir kriegen glücklicherweise "nur" den Rauch ab. Das ist aber schon eine Erfahrung, die unangenehm genug ist. Der Rauch kann, wenn er dicht genug ist, die Sonne abschirmen. Das führt dazu, dass es mitten am Tag, auch mal morgens, stockfinster ist. Ich denke auf den Bildern erkennt man die finstere, düstere Stimmung. Das ist wirklich ein unschönes Gefühl.
Zusätzlich kann man natürlich nur wenig Zeit draußen verbringen, was echt schade ist. Die Luftqualität ist unheimlich schlecht, morgens hat man durch den Rauch oft "Halsschmerzen". Zu tief einatmen möchte ich das auf jeden Fall nicht... und abgesehen davon sterben unglaublich viele Tiere, Menschen verlieren ihr Zuhause, andere müssen evakuiert werden. Einige müssen riesige Herden an Kühen, Schafen, Schweinen, Ziegen ... you name it zuhause lassen, während sie sich in Sicherheit begeben. Viele öffnen die Zäune und lassen ihre Herde frei. 500 Kühe nimmt man wohl nicht mit zu seinen Freunden in die nächst sichere Stadt. 
Es ist bedrückend und natürlich gar nicht schön. Die Kanadier nehmen es natürlich direkt zum Anlass, ihre große Hilfsbereitschaft zu demonstrieren. Der Zusammenhalt hier in Vanderhoof z.B. ist riesig. Für ausländische Feuerwehrkräfte wird gekocht und gespendet (z.B. Wasser, Müsliriegel) und jeder verfügbare Platz wird als Parkplatz für evakuierte Menschen angeboten. Es gibt mehrere Helikopter und Flugzeuge, die beim Löschen helfen. Mehrmals mussten aber selbst die Feuerwehrleute schon ihre Arbeit niederlegen, weil es einfach zu gefährlich wurde.

Bisher wurde Vanderhoof nicht evakuiert. Teile standen unter evacuation alert.
Unser Glück ist es wohl, dass um uns herum praktisch komplett farmland ist, und die Heuernte schon gemacht ist. So können Feuer leichter ausgebremst werden, weil nicht mehr viel da ist, was brennen könnte. Wir hoffen, dass die Feuer nicht näher kommen.

im Hintergrund sieht man eigentlich Berge



dieses und das vorherige Bild stammen nicht von mir, sondern von einer kleinen Farm in ca. 15 Minuten Entfernung. Ich habe Jacintha gefragt, ob ich die Bilder verwenden kann, da sie die Stimmung so gut einfangen. 
 Anne und ich versuchen, uns die Laune dadurch nicht komplett vermiesen zu lassen. Wir haben einen kleinen Ausflug zu einem ihrer Söhne gemacht, der einen riiiiiesigen Gemüsegarten hat. Das war echt mega cool :) Ich wusste z.B. gar nicht, wie Brokkoli wächst, und wie lecker frisch geerntete Erbsen sind!




Abgesehen davon war am Wochenende die "Fall fair". Als kleines Farmerdorf ist das in Vanderhoof ein riesen Event, und es war auch echt cool. Dort stellen Kinder und Jugendliche z.B. im Rahmen des 4H-Clubs ihre Kühe, Schafe, Schweine vor, die sie herangezüchtet haben. Auf einer Auktion werden diese dann verkauft. Das Geld nutzen die Teilnehmer entweder für's nächste Jahr (so Rinder sind gar nicht günstig :D) oder am Ende für die Uni. Finde ich ein cooles Projekt.



Das beste allerdings war das sogenannte "Mutton Busting". Da reiten Kinder zwischen 3-6 auf Schafen um die Wette - komplett verrückt aber super witzig anzuschauen!


Insgesamt ist es schwer ein Fazit zu ziehen zur Halbzeit. Ich liebe es hier, ich liebe die Menschen und die Weite. Aber gerade die wird uns natürlich extrem genommen momentan. Das trübt mein Paradies. Nichts desto trotz haben wir - wie immer - eine gute Zeit und sehr viel Spaß :) Anne wurde letztens von gleich 3 Wespen innerhalb von 24h gestochen, 2 Stiche davon direkt am Mund und Hals. Ich kenne jetzt auch die kanadische Notaufnahme von innen. Witzig, wenn man immer alle Menschen überall kennt :D Jedenfalls sind die Wespen unser persönlich größerer Feind als die Feuer. Die kann man wenigstens annähernd bekämpfen.

Ich hoffe, dass ich beim nächsten Mal hauptsächlich positives berichten kann, das macht deutlich mehr Spaß. Und von Spaziergängen draußen in der Weite. Mit schönen Ausblicken und Sonnenuntergängen und keinem dichten Rauch mehr, der einem die Lunge zuschnürt. Wenn es so düster ist, und es nichts gibt, was man tun kann, weil es draußen ungesund aussieht (und vermutlich ist), roadtrips gefährlich sind, die Uniberichte auch unwichtig erscheinen, dann ist es wirklich etwas bedrückend. Aber dann kommt ein Tag wie Sonntag um die Ecke. Der Himmel ist morgens eine halbe Stunde blau, die Sonne scheint ins Wohnzimmer. Ich quatsche nach der Kirche mit einem lieben Opi, der mich fragt, was man beim Zug fahren denn wohl macht, und wie es ist, in einem Haus mit Nachbarn zu wohnen. Weil er sich das überhaupt gar nicht vorstellen kann. Und der versteht, dass ich traurig wäre, wenn jemand mein Fahrrad klaut, auch wenn es alt und irgendwie ömmelig ist, weil er auch mal so eins hatte. Und dann backt Jeannie einen unfassbar leckeren Cheesecake, nachdem mein Versuch letztens ein wenig gescheitert ist, und Bill leiht mir sein Auto, um mit Feli im September einen Roadtrip zu machen. Es sind die kleinen Dinge, insgesamt. Und dann scheint das alles irgendwie doch wieder gar nicht soooo schlimm. 

Sending love,
P

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